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  • AutorenbildEleni Ioannidou

Über den Namensgeber des Wettbewerbes

Aktualisiert: 5. März

Wer gab dem Wettbewerb seinen Namen? Warum haben wir uns für ihn entschieden? Er ist mit der Region und ihrer Geschichte eng verbunden, er war nicht nur Komponist, sondern vor allem Kulturförderer und fungiert als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland. Aber beginnen wir von vorne:


Das Adelsgeschlecht "von Hochberg" und Schlesien

Graf Heinrich Bolko von Hochberg gehörte zu einem der bedeutendsten Adelsgeschlechter der historischen Region Schlesien, die "von Hochberg". Sitz der Familie war seit der Renaissance die Burg Fürstenstein nahe der Stadt Waldenburg, die heute zu Polen gehört und Wałbrzych heißt. Fürstenstein wechselte, wie die gesamte Region Schlesien, zwischen polnischen, böhmischen und deutschen Herrschern. Im 18. Jahrhundert (Barockzeit) herrschten die österreichischen Habsburger über Schlesien. In dieser Zeit wurde die Burg im Barockstil weiter umgebaut und ein prächtiger Musiksaal (Maximiliansaal) lud bedeutende Meister zum Musizieren ein. Heute ist das Schloss Fürstentein (auf polnisch Zamek Książ) das größte Schloss in Schlesien und eins der größten in Polen.

Dieses Schloss wurde von den berühmten Schlesischen Piasten, ein historisches polnisches Adelsgeschlecht, gegründet. Einer von ihnen war Bolko I. (1253-1301), der mehrere Burgen und Klöster gründete, wie zum Beispiel auch das Kloster Grüssau, wo er auch begraben liegt (im Mausoleum der Schlesischen Piasten). 1605 übernahm die deutsche Familie von Hochberg den Besitz. Aus Respekt vor der Geschichte der Burg trugen viele Familienmitglieder den (polnischen) Vornamen Bolko, der eigentlich eine Kurzform des Namens Bolesław ist.



Die Familie von Hochberg beherrschte viele Jahrhunderte lang die Region um Waldenburg, Schweidnitz und Jauer aber auch Pless (heute Pszczyna). Im Gegensatz zu vielen anderen Aristokraten, die wenig Respekt vor dem Volk hatten, kümmerten sie sich um ihr Volk. Um 1844 ereignete sich in Schlesien der berühmte Weberaufstand, Gegenstand von Gerhart Hauptmanns berühmtem Drama „Die Weber“. In der Region lebten damals viele Weber (die Weberhäuser sind heute eine schöne Touristenattraktion in der Gegend), und die örtlichen Aristokraten nutzten diese armen Leute so aus, dass um 1844 eben ein blutiger Aufstand ausbrach. Die Familie von Hochberg schien allerdings die Grundsätzen einer humanären Ethik zu folgen, weshalb blieb sie bis heute im Volk beliebt.

Der Nobelpreisträger Schriftsteller Gerhart Hauptmann wurde in Bad Salzbrunn geboren, das ebenfalls zur Familie Hochberg gehörte. Im wunderschönen Theater im neobarocken Stil, das die Hochbergs in der Stadt errichteten, hörte Gerhart Hauptmann als Kind viel Theater und Musik, was seinen Geist inspirierte.

Während des Zweiten Weltkriegs weigerte sich die Familie, mit den Nazis zusammenzuarbeiten. Hitler enteignete daraufhin die Familie und beschlagnahmte das Schloss Fürstenstein mit dem Ziel, dort sein Hauptquartier zu installieren. Er zerstörte die barocken Elemente und baute Tunnel unter der Burg (Projekt "Riese"), deren Ziel unbekannt bleibt. Nach dem Krieg restaurierte Polen das Schloss in seiner ursprünglichen barocken Form, während die Tunnels von Touristen heute besichtigt werden können.

Die Hochbergs stellten sich gegen das Hitler-Regime. Ein Sohn der Familie, Alexander Hochberg, emigrierte sogar nach Warschau und Frankreich, nahm auf polnischer Seite am Krieg teil und änderte seinen Namen in Aleksander Pszczyński. Auch Jan Heinrich XVIII. von Hochberg nahm im britischen Militär am Krieg teil. Die Familie hatte im Allgemeinen sehr gute Beziehungen zu England, da die letzte Gräfin in Fürstenstein, Daisy von Pless (Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, 1873–1943), eine Engländerin war.


Und Bolko?

Bolko von Hochberg wurde um 1843 im Schloss Fürstenstein geboren und starb um 1926 im Grand Hotel (heute Kurhaus) in Bad Salzbrunn (heute in Polen und Szczawno Zdrój genannt). Wie viele andere Mitglieder der Familie sollte auch er Diplomat werden. Bolko hatte jedoch großes Interesse an Musik und begann schon sehr früh, Musik zu komponieren. Als er erst 20 Jahre alt war, schuf er ein Singspiel nach einem Werk Goethes „Claudine von Villa Bella“, das 1864 am Schweriner Theater uraufgeführt wurde. Er schrieb später noch eine Oper („Der Falkensteiner“), viele Lieder und Chorwerke, Quartette und Klaviertrios, 2 Sinfonien und Klavierkonzerte. Heute ist davon wenig bekannt. Der Verein Ars Augusta e.V. und Eleni Ioannidou begann im European Sharing Heritage Jahr 2018, mit der Promotion seiner zahlreichen Lieder. Mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Schlesischen Museum zu Görlitz und des lokalen Unternehmens Kaufhaus Görlitz präsentierte der Verein in einer Reihe von Konzerten im Schloss Fürstenstein, in Bad Salzbrunn und in Görlitz eine Auswahl der Lieder, Duette und Vokalensembles des Komponisten. Es wurde eine CD-Aufnahme vorbereitet und eine Biografie durch den Musikwissenschaftler Dr. Grzegorz Joachimiak verfasst. Seitdem gewannen etliche Kompositionen von Bolko zunehmende Beliebtheit in der klassischen Musikszene und werden immer häufiger aufgeführt.



Aber Bolko von Hochberg war nicht nur Komponist. Die Qualität dieses Menschen, die uns dazu inspirierte, ihm diesen Wettbewerb zu widmen, war sein Genie als künstlerischer Leiter, Musikmanager, Talententdecker und Förderer von Kunst und Kultur. Als langjähriger Intendant des Königlichen Schauspielhauses in Berlin verhalf er Künstlern wie Gerhart Hauptmann und Richard Strauss zum Durchbruch. Ihm ist es zu verdanken, dass „Hanneles Himmelfahrt“ des jungen Gerhart Hauptmann trotz seiner sozialistischer Ideen im konservativen Königlichen Theater seine Uraufführung feierte und so den Weg zu einer glanzvollen Karriere ebnete, die 1912 in der Verleihung des Nobelpreises gipfelte.

In seiner Region Schlesien – der Heimat von Joseph von Eichendorff – gab es immer eine Gesangstradition. Im Jahr 1833 begannen sich Gesangsvereine zu den "Schlesischen Musikfesten" zu treffen. Es ist wahrscheinlich das älteste Festival in Europa. Bolko von Hochberg kehrte nach dem Ende der Intendanz des Berliner Schauspielhauses in seine Heimat zurück und war daran interessiert, dieses Gesangstreffen als bedeutendes Musikfestival in Görlitz zu etablieren, bei dem berühmte Dirigenten, Chöre und Orchester auftraten, die "Schlesische Musikfeste". Zu diesem Zweck baute er sogar die wunderschöne „Stadthalle Görlitz“, die noch heute an der Europabrücke steht und auf eine neue Nutzung und Renovierung wartet. Dieser riesige Konzertsaal im neoklassizistischen Stil vom Architekten Bernhard Sehring entworfen (der auch das Theater in Cottbus gebaut hat) verfügt über eine der besten akustischen Eigenschaften und eine wunderschöne historische Orgel der Firma Sauer.


Als Leiter der Schlesischen Musikfeste konnte Bolko von Hochberg viele Musiker und Talente fördern und viele Menschen durch Musik im Vielvölkerraum Schlesien, zwischen Polen, Böhmen und Deutschland verbinden. Genau diese Eigenschaft dieses inspirierenden Menschen – als Brückenbauer und Talentförderer – ist der Grund, warum wir ihm diesen Wettbewerb widmen.


Gesamte Biografie (Dr. Joachimiak).

Die Görlitzer Stadthalle heute und damals.



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